Gewittersegeln – Eine Rezension von Claus Aktopak

Gewittersegeln

Ich bin hellauf begeistert. Warum? Es sind ja die persönlichen Erlebnisse, die Geschichten aus der Praxis, die unerwarteten Dramen, die den Unterschied zum Lehrbuch machen. Der Grund, warum man Kurse belegt oder Vorlesungen besucht, obwohl man seine auch selbsterworbenen Kenntnisse meist auch nur in einer Abschlussprüfung belegen müsste. Die Theorie prägt sich durch Geschichten aus der Praxis einfach besser ein und die Wahrheit ist oft viel komplexer als es ein Lehrbuch darstellt. An Bord meines Bootes habe ich den Klassiker „Seemannschaft“ und ein SSS-Lehrbuch. In beiden wird auf wenigen Seiten auch über Gewitter geschrieben, aber es fehlen einfach die konkreten Beispiele aus dem Leben. Denn die von den 40 Autoren beschriebenen Abenteuer bis Katastrophen aus den verschiedensten Regionen haben eines gemeinsam: Der Zustand Gewitter vermischt sich immer mit einer persönlichen Komponente. Und erst diese Kombination wird zur Gefahr.

So wie im Auto eine Fahrt im Dunkeln durch Schnee oder Regen erst einmal unkritisch ist, ändert sich das durch Übermüdung des Fahrers, abgefahrene Reifen, fehlende Karten. Es ist immer die Kombination, die zu Unfällen führt und die in den Lehrbüchern nicht beschrieben wird. In der „Seemannschaft“ steht nichts von nachlassender Wachsamkeit auf langem Törn bei schönem Wetter – und schon liegt man platt auf dem Wasser. Nichts von der wegen übermässiger Vorsicht lästernden Ehefrau – und schon ist man zu tief in einer ungeeigneten Ankerbucht gefangen. Der unterdimensionierte Aussenborder, der fehlende Mann bei einer langen Yachtüberführung. Die Variationen sind so zahlreich wie die Autoren und das ist gut so. Reviere, Kenntnisstand, Yachtgröße, Schreibstil…alles variiert, so das dieses Buch einfach nicht langweilig wird.

Die meisten Geschichten werden ergänzt durch Selbsteinsichten der Autoren, was sie hätten anders machen können und heute anders machen würden. Ich würde mir noch viel mehr dieser Praxisbücher zu weiteren Themen der Segelei wünschen, denn ähnlich wie die Praxisaufgaben in der Navigation, festigen sie erst den Kenntnisstand des Seefahrenden und bieten ihm im Ernstfall einen fremderlebten Wissensfundus, der einem hilft eben diese gefährliche Kombination aus Fehlern zu vermeiden. Ein Großteil der Geschichten endet dann auch nur mit einem Schrecken und einer neuen Erfahrung. Aber ein tödlicher Ausgang einer Überführung im Mittelmeer zeigt, wie schnell auf See etwas passieren kann. Und je intensiver man sich mit den vielfältigen Gefahren der Gewitter vorher auseinandergesetzt hat, umso ruhiger kann man im Ernstfall damit umgehen und auch die Gefahren, die das Abenteuer Seefahrt nun mal seit Jahrhunderten in sich birgt, bewusst auskosten. Und von denen man dann in den Seemannskneipen der Welt zu hören bekommt. Oder eben in diesem Buch zu lesen bekommt. Denn im Sessel vor dem Fernseher erlebt man so etwas nun einmal nicht. Mehr davon!

Gewittersegeln, Verlag Millemari, ISBN ist 978-3-946014-01-0

claus aktoprak

 

 

 

 

Eine Rezension von Claus Aktoprak (Martens)

1 Kommentar zu Gewittersegeln – Eine Rezension von Claus Aktopak

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*